Ein Projekt unseres Vereins: die neue Website der Solawi-Genossenschaften

Sola­wi + Genos­sen­schaft

In Deutsch­land grün­de­te sich mit unse­rer Kar­tof­fel­kom­bi­nat eG im Jahr 2012 die ers­te soge­nann­te “Sola­wi-Genos­sen­schaft”. Soli­da­ri­sche Land­wirt­schaft gibt es in unter­schied­li­chen Rechts­for­men – eine Mög­lich­keit ist die Orga­ni­sa­ti­on als Genos­sen­schaft. Die­se wer­te­ori­en­tier­te Rechts­form lie­fert auf vie­le wich­ti­ge Fra­gen gute Ant­wor­ten (z.B. die Eigen­tums­fra­ge). Sie bie­tet aber v.a. auch einen siche­ren und bewähr­ten Rechts­rah­men, der die unter­neh­me­ri­sche Per­spek­ti­ve stärkt. Und hier liegt für immer mehr Pro­jek­te eine der zen­tra­len Her­aus­for­de­run­gen: Sola­wi-Gemein­schaf­ten betriebs­wirt­schaft­lich sta­bil machen und die Prin­zi­pi­en gemein­schafts­ge­tra­ge­ner Land­wirt­schaft ein gutes Stück weit zu pro­fes­sio­na­li­sie­ren.

Von den Quer­ein­stei­gern Dani­el Über­all und Simon Scholl initi­iert, star­te­te die Kar­tof­fel­kom­bi­nat-Genos­sen­schaft mit 50 Freund*innen und Bekann­ten, um zu zei­gen, dass soli­da­ri­sches und öko­lo­gisch nach­hal­ti­ges Wirt­schaf­ten nicht nur mög­lich, son­dern auch wirt­schaft­lich trag­fä­hig ist. Nach­dem die Genos­sen­schaft eini­ge Jah­re mit Koope­ra­ti­ons­be­trie­ben zusam­men­ar­bei­te­te, kauf­te sie 2016 im Umland von Mün­chen Acker­land aus rein genos­sen­schaft­li­chem Eigen­ka­pi­tal, bau­te eine kom­plett neue Gemü­se­bau-Infra­struk­tur auf und ver­sorgt mitt­ler­wei­le fast 1800 Haus­hal­te mit Gemü­se. Damit ist das Kar­tof­fel­kom­bi­nat eine der mit­glie­der­stärks­ten Sola­wis in Europa.

Aktu­el­le Entwicklung

Die Ent­wick­lung bei den Sola­wi-Genos­sen­schaf­ten ver­läuft seit eini­ger Zeit sehr dyna­misch. In den letz­ten Jah­ren haben sich in Deutsch­land 11 Sola­wi-Genos­sen­schaf­ten mit auf­sum­miert über 4.000 Mit­glieds­haus­hal­ten gegrün­det (Stand 04/2020) und dabei extrem span­nen­de und viel­fäl­ti­ge Ansät­ze ent­wi­ckelt.

Als Anfang 2019 nach über sie­ben Jah­ren als geschäfts­füh­ren­der Vor­stand der KK eG für unse­ren Simon ein guter Zeit­punkt gekom­men war, die ope­ra­ti­ve Ver­ant­wor­tung für die Genos­sen­schaft abzu­ge­ben, ent­stand der Plan, eine Art Hand­buch über sei­ne Erfah­run­gen im Kar­tof­fel­kom­bi­nat zu schrei­ben. Doch mit sei­nem wach­sen­den Enga­ge­ment über den Münch­ner Tel­ler­rand hin­aus merk­te er schnell, dass ein rei­nes Kar­tof­fel­kom­bi­nat-Hand­buch an den eigent­li­chen Ent­wick­lun­gen und Bedürf­nis­sen der genos­sen­schaft­lich orga­ni­sier­ten Sola­wi-Bewe­gung vor­bei­ge­hen wür­de. Und so ent­stand die Idee für eine Home­page-Pro­jekt, in dem wich­ti­ge Erfolgs­prin­zi­pi­en- und stra­te­gien für Sola­wi-Genos­sen­schaf­ten zusam­men­ge­tra­gen und für die brei­te­re Öffent­lich­keit zugäng­lich gemacht wer­den sollte.

www.solawi-genossenschaften.net

Auf der Web­sei­te www.solawi-genossenschaften.net machen seit April 2020 die Sola­wi-Genos­sen­schaf­ten ihr Wis­sen und ihre Erfah­run­gen für alle zugäng­lich. Außer­dem schlie­ßen sich die Sola­wi-Genos­sen­schaf­ten im Moment zu einer eigen­stän­di­gen Abtei­lung im Netz­werk Soli­da­ri­sche Land­wirt­schaft zusam­men, um geziel­ter Infor­ma­tio­nen zur Ver­fü­gung stel­len bzw. die Ver­net­zung bestehen­der und neu­er genos­sen­schaft­li­cher Initia­ti­ven bes­ser unter­stüt­zen zu kön­nen. 

Auf der Sei­te der Sola­wi-Genos­sen­schaf­ten gibt es Por­träts zu den ein­zel­nen Initia­ti­ven und aus­führ­li­che Inter­views mit den Gründer*innen der Genos­sen­schaf­ten. Wer also über­legt, eine Sola­wi zu grün­den und auf der Suche nach einer geeig­ne­ten Rechts­form ist, fin­det wert­vol­le Anre­gun­gen, genau wie schon bestehen­de Sola­wis, die ihre Initia­ti­ve mög­li­cher­wei­se in eine Genos­sen­schaft umwan­deln möch­ten. Die Inter­views mit den Gründer*innen gibt es außer­dem im neu­en Pod­cast der Sola­wi-Genos­sen­schaf­ten. Er ist unter ande­rem bei Spo­ti­fy, Apple Pod­casts oder über den RSS-Feed in der Pod­cast-App Eures Ver­trau­ens zu finden. 

Viel Spaß beim Stö­bern und Entdecken!

PS: Dies ist ein von der Land­wirt­schaft­li­chen Ren­ten­bank geför­der­tes Pro­jekt des gemein­nüt­zi­gen Ver­eins Kar­tof­fel­kom­bi­nat – der Ver­ein e.V..
Herz­li­chen Dank für die Unterstützung!

Wach gezwitschert – Tiere in unserer Gärtnerei

Basie­rend auf dem Kar­tof­fel­kom­bi­nat-Natur­schutz­kon­zept, das Ende 2019 in unse­rer Kar­tof­fel­aka­de­mie prä­sen­tiert wur­de, haben wir die Ärmel hoch­ge­krem­pelt und ein gro­ßes Auf­takt­tref­fen für unse­re Natur­schutz AG geplant. Doch dann kam alles anders …
… aber auch die Coro­na­kri­se wird irgend­wann vor­bei sein und dann wer­den wir unse­re Natur­schutz­be­stre­bun­gen auf unse­rem Hof gemein­sam wie­der auf­neh­men kön­nen, um die Arten­viel­falt und Schutz­räu­me für unse­re „Untermieter*innen“ zu bewah­ren. Denn was da so kreucht und fleucht, fliegt und kriecht, bud­delt und singt in unse­rem gemein­sa­men Betrieb, ist ganz erstaun­lich. Hier kommt die nächs­te Vor­stel­lung von zwit­schern­den Zeitgenoss*innen – den Haus­rot­schwän­zen aus Spiel­berg:
Frü­her leb­te der Haus­rot­schwanz im Gebir­ge, jedoch schon vor Jahr­hun­der­ten folg­te er dem Men­schen in die Sied­lun­gen und lebt heu­te oft­mals mit­ten unter uns. Mit 14 cm ist er in etwa so groß wie ein Sper­ling oder Rot­kehl­chen. Das Männ­chen ist ruß­schwarz bis schie­fer­grau, wohin­ge­gen das Weib­chen freund­li­che­re Beige- und Braun­tö­ne „trägt“. Der rost­ro­te Schwanz ist bei bei­den das deut­lichs­te Erkennungszeichen.

Wie die meis­ten Vögel brü­ten auch Haus­rot­schwän­ze zwei­mal im Som­mer für ca. 14 Tage. Dabei legen sie fünf bis sechs Eier und zie­hen Ihre Jun­gen ca. 17 Tage im Nest auf. Ihr Nest bau­en die klei­nen Sänger*innen in Nischen oder Halb­höh­len aus Hal­men, Wur­zeln, Moos und stel­len die Innen­ver­klei­dung aus Haa­ren und wei­chen Federn her. In der Gärt­ne­rei gibt dafür vie­le gut geeig­ne­te Ver­ste­cke, so zum Bei­spiel auf den Bal­ken­vor­sprün­gen am Haupt­ge­bäu­de oder auf der Schie­ne vom hin­te­ren Roll­tor der Pack­hal­le. Das wird der­zeit kaum genutzt, und schwupps hat sich ganz aktu­ell dort bereits ein Pär­chen zur Brut niedergelassen. 



Beim Nest­bau sind Haus­rot­schwän­ze sehr prag­ma­tisch und fle­xi­bel. In der Lite­ra­tur gibt es zahl­rei­che Berich­te über außer­ge­wöhn­lichs­te Brut­stel­len, wie z.B. Rad­käs­ten von Bau­stel­len­fahr­zeu­gen oder auf lau­fen­den Gene­ra­to­ren. Sie sind also wah­re Kul­tur­fol­ger, denen Lärm, Stö­run­gen und Gestank des Men­schen wohl, zumin­dest bei der Auf­zucht der Kin­der, nichts aus­ma­chen.
Flie­gen, Schmet­ter­lin­ge, Spin­nen, Rau­pen, Wür­mer und gele­gent­lich Bee­ren ste­hen auf dem Spei­se­plan der Haus­rot­schwän­ze und in unse­rer Gärt­ne­rei sind sie häu­fig in den Gewächs­häu­sern anzu­tref­fen – dort hel­fen sie ordent­lich mit und befrei­en unse­re Toma­ten und Auber­gi­nen im Som­mer von gefrä­ßi­gen Rau­pen und schäd­li­chen Wan­zen.
Wohl füh­len sich die Vögel­chen dort sicher­lich auch dadurch, dass wir als Natur­land­be­trieb kei­ne Insek­ti­zi­de und Pes­ti­zi­de ein­set­zen und so deren Nah­rungs­quel­len erhal­ten blei­ben. Wei­te­re Natur­schutz­maß­nah­men sind in Pla­nung, wie z.B. der Bau von Nist­hil­fen. 

In der Gärt­ne­rei hält uns der Haus­rot­schwanz jeden­falls bei Lau­ne durch sein früh­mor­gend­li­ches Gezwit­scher und die Nütz­lings­ar­beit, die so man­che Auber­gi­ne vor dem gemei­nen Wan­zen­an­griff ret­tet.
Sein Bestand hat übri­gens gegen Ende des 20. Jahr­hun­derts deut­lich zuge­nom­men und gilt inzwi­schen als unge­fähr­det und sta­bil. Doch Fein­de hat er aller­hand: wie z.B. Sper­ber, Kat­zen, Fal­ken und nicht zuletzt den Men­schen bzw. die anhal­ten­den Ver­än­de­run­gen durch den Kli­ma­wan­del und die Abnah­me der Insektenvielfalt.

Der Turmfalke

Neben dem ner­vi­gen Erd­floh und gefrä­ßi­gen Wühl­mäu­sen gibt es vie­le span­nen­de Tie­re auf der Gärt­ne­rei des Kar­tof­fel­kom­bi­nat, die einen gro­ßen Nut­zen für uns haben und ein schö­nes Zei­chen für ein intak­tes Öko­sys­tem sind. In unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den wer­den wir Euch von die­sen Tie­ren erzählen.

Den Auf­takt macht unser Turm­fal­ken­pär­chen, das sich auf unse­rem Betrieb wohl sehr hei­misch fühlt. Das Männ­chen erkennt Ihr deut­lich an sei­nem grau­en Kopf, wohin­ge­gen das Weib­chen ein­heit­lich rot­braun gefärbt ist. Bei­de haben ein typisch schwarz gespren­kel­tes Gefie­der, sind etwa 36 cm lang und haben eine Flü­gel­spann­wei­te von 75 cm.
Turm­fal­ken blei­ben ein Leben lang zusam­men und wer­den um die 15 Jah­re alt. Die Bezeich­nung „Turm­fal­ke“ rührt von sei­ner Vor­lie­be, an Kirch- oder Fabrik­tür­men zu brü­ten und somit nah an den Sied­lungs­ge­bie­ten der Men­schen zu hau­sen. Er ist eben­falls unter dem Namen „Rüt­tel­fal­ke“ bekannt, da er häu­fig in sei­nem „ste­hen­den Flug“, dem sog. Rüt­tel­flug in 10 – 20 m über Wie­sen und Fel­dern auf der Suche nach Beu­te beob­ach­tet wer­den kann. Hat der Turm­fal­ke Beu­te gesich­tet, geht er im Sturz­flug nie­der – dabei ist er zwar schnell, aber immer noch wesent­lich lang­sa­mer als zum Bei­spiel sein Ver­wand­ter, der Wan­der­fal­ke – der schnells­te Vogel im Sturzflug.

Im Win­ter sind Fal­ken häu­fig auf Ansitz­stan­gen zu beob­ach­ten, denn die Jagd­me­tho­de des beque­men Aus­schau­hal­tens aus hoher Posi­ti­on ver­braucht weni­ger Ener­gie als der Rüt­tel­flug. Und Ener­gie benö­tigt der Turm­fal­ke vor allem für die Jagd. Ein Turm­fal­ken­paar ver­putzt zwei bis drei Mäu­se täg­lich und mit hung­ri­gen Jun­gen im Nest wer­den bis zu acht Mäu­se – meist Wühl­mäu­se – pro Tag erlegt. In schlech­ten „Mäu­se­jah­ren“, wäh­rend der kal­ten Jah­res­zeit oder als uner­fah­re­ner Jung­vo­gel fal­len dem Turm­fal­ken ger­ne auch klei­ne­re Sing­vö­gel, Eidech­sen, Käfer und sogar Regen­wür­mer zum Opfer.
Der Bestand an Turm­fal­ken war in den 1960er bis in die 1980er Jah­re mas­siv ein­ge­bro­chen – Schuld waren inten­siv bewirt­schaf­te­te und aus­ge­räum­te Kul­tur­land­schaf­ten und der Ein­satz von Pes­ti­zi­den, die sich beson­ders auf die Tie­re am Ende der Nah­rungs­ket­te nega­tiv aus­wirk­ten. In Deutsch­land leben heu­te ca. 50.000 der ins­ge­samt 90.000 Brut­paa­re Mit­tel­eu­ro­pas. Deutsch­land hat also eine beson­de­re Ver­ant­wor­tung für den Erhalt des Turm­fal­ken, wes­halb wir uns sehr über unser Pär­chen in Spiel­berg freu­en.
Für die kom­men­de Brut­sai­son steht den frisch Ver­lieb­ten an unse­rem nörd­li­chen Kamin ein Nist­kas­ten zur Ver­fü­gung. Mal schau­en, ob sie die­sen anneh­men. Dem Turm sieht man durch die vie­len Hin­ter­las­sen­schaf­ten in Form von wei­ßen Kleck­sen jeden­falls an, dass er ger­ne als Rast­platz und für die Ansitz­jagd genutzt wird 😉 Am Fuße des Turms fin­det sich immer wie­der mal Gewöl­le – so nennt man die Spei­bal­len von Greif­vö­geln, in denen sie unver­dau­tes Fell und Kno­chen hervorwürgen.

Ob es eine Brut gibt, dürf­te Mit­te April klar wer­den, wenn nach 30 Tagen drei bis sechs Jun­ge schlüp­fen. Wir sind gespannt und wer­den berich­ten. Jun­ge Turm­fal­ken sind sehr ver­spielt und neu­gie­rig. Sie toben her­um wie klei­ne Kin­der, üben den Sturz­flug mit am Boden lie­gen­den Stei­nen und ruhen sich gemein­sam kuschelnd am Brut­platz aus, wo sie lei­den­schaft­lich mit­ein­an­der schnäbeln.