Um-Welt – das ist nicht „irgendwo da draußen“. Mensch ist Teil der Biosphäre. Was sie bedroht, bedroht uns. Und all unsere Mitlebewesen, die genauso ein Recht haben, da zu sein. Aktuell, unter vielem anderem:
Mehr Mikroplastik in deutschen Böden als im fernen Meer – Studie „Kunststoffe in der Umwelt: Emissionen in landwirtschaftlich genutzte Böden” von Fraunhofer UMSICHT und Ökopol im Auftrag des NABU, Pressemeldung hier.
Frachter mit toxischer Ladung sinkt vor Sri Lanka und vergiftet die Meeresumwelt um sich. „Die Katastrophe bleibt sichtbar“ (Tagesschau 17.6.21).
Fischmehlproduktion u.a. fürs Futter für hierzulande Verspeistes wie Zuchtfische, Schweine, Hühner, Kälber und Lämmer bedroht Lebensgrundlagen, Meeresökologie und demokratisches Miteinander in Gambia – Ein Geschäft, das zum Himmel stinkt (FAZ 18.6.21)
Korsische Ölpest, weil da wohl mal eben jemand seinen Tank „reinigen“ musste. „Baden in der Gegend wurde verboten“, SPIEGEL 14.6.2021.
Um Eckart von Hirschhausens Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben zu zitieren: „Wer kackt regelmäßig in sein Wohnzimmer?“
… und wir ganz vorn laufen lassen sollten. Augen auf. Ursachen anschauen. Handeln.
Ab und an hat unsereiner in diesen Corona-Zeiten ja den Eindruck: Die Zeit steht still! Aber keine Sorge, darum schert sich die Sommersonnenwende nicht „die Bohne“: Tag für Tag rückt der 21.6. näher und damit der Höhepunkt der blühenden Natur. Was tut sich da in unserem Bauerngarten im Tierpark Hellabrunn?
Die einen wollen nicht so recht – die anderen starten kräftig durch
Der Mai war ja wenig wonniglich, mindestens zwei Wochen ist die Vegetation überall zurück. Manches wie Buschbohnen, Erbsen, Karotten und Knollenfenchel mochte gar nicht keimen und musste mühsam nachgesät werden. Ob der Baldrian (unten rechts) nun zur Beruhigung des Gartenteams so üppig sprießt? Auch die in unserem letzten Blogbeitrag gepriesene Winterheckenzwiebel (unten links, hinter der Weberkarde) strotzt nur so vor Wachstumsfreude – trotz ihres winterlichen Namens. Überhaupt haben die mehrjährigen Pflanzen, berichtet Herlinde (von ihr stammen auch alle Fotos dieses Blogbeitrags), von der feucht-kühlen Wetterlage durchaus profitiert. Und wir lernen wieder, dass die Natur den Takt vorgibt!
Bei unserem Komposthaufen wurde ein neuer Gast gesichtet: eine über einen Meter lange Schlingnatter. Wir hoffen sehr, dass sich die streng geschützte Mäusevertilgerin in dieser Saison noch zu einem Fototermin bereitfindet. Vorerst müsst Ihr Euch mit einem natterlosen Komposthaufen begnügen.
Noch nicht einmal sehen lassen hat sich dieses Jahr unsere Erdkröte (bitte dem Gartenteam einmal über den Weg hüpfen!), die ja freundlicherweise beim Schnecken-im-Zaum-Halten hilft.
Apropos Schnecken – für die waren die vom Himmel fallenden Wassermassen natürlich mega. Trotzdem: Ihnen bleibt k(aum)eine Chance gegen die raffinierte Schneckenabwehr-Kombi des Bauerngartenteams: Bier-Ferramol à la Prof. Dr. Michael Schrödl plus Schneckenzaun und Pflanzhütchen! Die Schreiberin dieser Zeilen, die seit Michaels Vortrag begeistert allerorten diese faszinierenden Wesen entdeckt, hofft natürlich, dass sie an Leib und Schneckenleben keinen Schaden genommen haben und einfach nur tief beeindruckt Richtung Isarauen von dannen zogen …
„Jetzt“, schreibt Herlinde, „fehlt uns eigentlich nur noch ein Tier, das uns die gefräßigen Pfauen fernhält.“ Die Wikipedia sagt: Natürliche Feinde dieses schönsten aller Gartenschädlinge (der unseren Bauerngarten ja für seine private Speisekammer hält) sind Tiger und Leoparden … Vielleicht nehmen wir da doch lieber den ein oder anderen Gemüseschwund in Kauf und bewundern Schneeleopard Felix und die beiden Sibirischen Tiger aus respektvoller (und sicherer!) Entfernung.
Es tut sich also einiges im Hellabrunner Bauerngarten und gibt – wie der attraktive Inkarnatklee – Anlass zu vielen interessierten Gesprächen mit großen wie kleinen Besucherinnen und Besuchern pandemiekonform über den Gartenzaun hinweg!
Winterplanung, Saisonvorbereitung – jetzt ist es soweit: Die fachkundigen Gartenteamhände haben unermüdlich Grün aus der Erde gezogen, Grün in die Erde gebracht, Samen gelegt, Verletzliches durch Hühner- und Pfauenabwehrtunnel geschützt.
Nun heißt es hegen & pflegen, hegen & pflegen – und warten. Und zwar auf Buschbohne, Superschmelz, Spinat, Lein, Möhre, Rosenkohl, Himbeeren, Buchweizen, Erdbeeren, Mairüben, Thitonia und vielesvielesvieles mehr, wie ihr auf dem vielversprechenden Pflanzplan für diese Saison seht:
Schon genussfertig: die schmackhaften Blätter (= Schloten, wie Schnittlauch zu verwenden) der Winterheckenzwiebel – ein (mir bisher unbekanntes …) winterhartes Grün, das offenbar bereits Ende des 18. Jahrhunderts im Raum München gern angebaut wurde. Sehr zu empfehlen!
Wir hoffen ja sehr, dass sich die Tierpark-Besucher*innen bald nicht mehr mit sehnsüchtigen Blicken über den Bauerngartenzaun begnügen müssen, und sich seine Pforte wieder für alle Interessierten öffnet.
Lieber draußen bleiben sollte dagegen Arion vulgaris. Die rotbraune Nacktschnecke verputzt, was wir gern essen und anschauen wollen. Letztes Jahr stellte sich ihr der scharfkantige Schneckenabwehrzaun in den Weg. Jetzt rückt das Gartenteam dem hauslosen Weichtier auch mit der ultimativen Schneckenabwehr-Kombi-Strategie von Kartoffelkombinatsgenosse und Kartoffelakademiegast Prof. Dr. Michael Schrödl (u.a. Leiter der Sektion Mollusken der Zoologischen Staatssammlung München) zu Leibe: mit Bier getunte Ferramolkörner. Die „Profitipps für Gartenfreunde – mit neuem Geheimrezept zur Rettung Ihrer Blumen, Gemüse und Salate“ Schneckenplage muss nicht sein!(BoD 2016, 1 € pro Exemplar geht an die ZSM-Nachwuchswissenschaft!) des engagierten Taxonomen und Artenschützers im Beirat der Scientists for Future seien jedem Schneckengeplagten in die Hand gelegt, der sich nicht zum Typus „Wegschnecken-Tolerierer“ zählt (siehe Test „Welcher Schneckentyp sind Sie?“ S. 85). Ans Herz aber legen wir euch Michaels Appell auf S. 5: „Der weitaus größte Teil heimischer Schnecken sind faszinierende, nützliche und stark bedrohte Arten, die unsere Hilfe benötigen: Bereits mehr als 60 Prozent sind (in) ihrem Bestand gefährdet oder schon fast ausgestorben, Tendenz steigend.“Die derzeit sehr großzügig bemessenen Gießaktionen der Wettergeister dürfte den Schneckenwesen schon einmal entgegenkommen.
Das viele Nass lässt nicht nur den schattenliebenden Waldmeister aufs Poetischste blühen. Der Bauerngarten wandelt sich so schnell, dass seine Chronistin kaum nachkommt. Eben ist dies geschrieben, schon sind die Fotos in diesem Beitrag „überwachsen“ – baldige Updates folgen!